Seit 20 Jahren Rathauschef: Wildsteiger Josef Taffertshofer - Bürgermeister, Landwirt, Schrauber

2022-12-21 17:06:25 By : Mr. Shunye Qiu

Wenn Josef Taffertshofer gegen 10 Uhr ins Rathaus kommt, hat er schon einige Stunden Arbeit hinter sich: Als Landwirt versorgt er morgens seine Milchkühe. Danach kümmert er sich als Bürgermeister um die Gemeinde Wildsteig. Ein Kraftakt, ein Spagat. Seit nun schon 20 Jahren. Ein Besuch bei einem, der die Hektik lebt – und irgendwie auch liebt.

Wildsteig – Ein lautes Klingen hallte durch den Gasthof „Zur Post“ in Peißenberg. Und brachte Markus Bader (SPD) aus dem Konzept. Der hatte sich am Ende der Adventssitzung des Kreistags zu Wort gemeldet – und wollte die Corona-Pandemie noch einmal Revue passieren lassen. Aus seiner Sicht, mit ein paar kritischen Anmerkungen. Doch dann war dieses Geräusch zu hören, das entsteht, wenn ein Löffel auf ein Glas trifft. Kling, kling, kling. Bader schaute sich verwirrt um. „Jetzt glangt’s doch“, sagte Josef Taffertshofer knapp. Großes Gerede ist so gar nicht nach dem Geschmack des Kreisrats, der auch Wildsteiger Bürgermeisters ist. Kostet alles wertvolle Zeit, in der man längst etwas weiterbringen könnte. Taffertshofer legt Wert drauf, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Seit 20 Jahren ist der 62-jährige Bürgermeister der Gemeinde mit rund 1350 Einwohnern – ehrenamtlich.

Im Oktober 2002 hatte er sich gegen Peter Zeller von der Bürgervereinigung durchgesetzt. Die Wahl fand vorzeitig statt, da Bürgermeister Johann Buchner gestorben war. Das Ergebnis war knapp: Taffertshofer gewann mit 53,68 Prozent. Mit seinem Amtsantritt führte er eine Familientradition fort. Sein Vater war bereits von 1970 bis 1998 Bürgermeister in Wildsteig gewesen, der Onkel einst in Uffing, der Großvater in der Schöffau. „Es liegt wohl in den Genen“, sagt er, als ihn die Heimatzeitung daheim im Weiler Straubenbach besucht.

Kurz vor dem Gespräch stand der Rathauschef noch im Stall, nun sitzen er und seine Frau Karin am Küchentisch. Um 60 Milchkühe sowie die Nachzucht – insgesamt 130 Stück Braun- und Fleckvieh – kümmert sich die Familie. Sie bewirtschaftet 114 Hektar Land, darunter 25 Hektar Naturschutzfläche. „Wir versuchen, alles selbst zu machen“, sagt Taffertshofer. Die Kühe werden vom eigenen Stier bestiegen. Das Futter stammt von den eigenen Weiden. „Kraftfutter gibt es nur in Ausnahmefällen.“ Daneben hat die Familie zehn Bienenvölker und 30 Obstbäume – produziert Honig, Apfelsaft und auch Eingekochtes.

Den Fuhrpark auf dem Hof wartet Taffertshofer selbst: „Die Schrauberei ist ein Steckenpferd von mir.“ Deshalb schaffte er sich vor elf Jahren auch einen Oldtimer, einen Mercedes-Benz 190er, an. „Ich habe meine Autos immer selbst gerichtet. Das geht bei den Alten besser.“

Lange Zeit stemmten Josef und Karin Taffertshofer die Arbeit auf dem Hof zu zweit. „Es war eine harte Zeit“, sagt der Bürgermeister. Mittlerweile gibt’s Hilfe aus der Familie: Der älteste Sohn Josef (34) hat eine landwirtschaftliche Ausbildung abgeschlossen. „Seitdem ist es leichter geworden“, sagt der Senior. Auch die anderen fünf Kinder – Richard (33), Maria (29), Georg (25), Martin (20) und Lydia (15) – helfen regelmäßig mit. Mittlerweile haben Karin und Josef Taffertshofer auch drei Enkelkinder.

Eine große Familie und die Landwirtschaft allein reichen eigentlich, um den ganzen Tag beschäftigt zu sein. Um auch noch das Bürgermeisteramt ausfüllen zu können, ist bei Taffertshofer viel Struktur gefragt. Morgens zwischen halb und um 6 Uhr beginnt sein Tag im Stall. Werktags ist er als Bürgermeister ab 10 Uhr im Rathaus anzutreffen, im Schnitt etwa drei Stunden lang. Dann geht’s zurück auf den Hof – und abends bei Bedarf zu Sitzungen. So läuft’s im Optimalfall, wenn nicht noch einer dieser „verhassten Nachmittagstermine“ reinkommt, wie Taffertshofer sagt. „Die sind tödlich und reißen mir den Arbeitstag auseinander.“ Er geht nur hin, wenn sie etwas voranbringen könnten. „Ich bin ein Arbeiter“, sagt er. Repräsentative Termine nimmt er nur in Wildsteig, seinem Heimatdorf, wahr.

Auch in der Landwirtschaft gilt für ihn: „Reduzieren auf das Kerngeschäft. Die Kunst besteht im Weglassen.“ Bedeutet: keine Mitgliedschaften in Zuchtverbänden, keine Leistungsprüfungen für die Tiere. Einfach nur naturnah und nachhaltig arbeiten. Da hat sich Taffertshofer klar vom Handeln seines Vaters abgegrenzt: Er nutzte Kunstdünger, gab Kraftfutter. „Davon war ich mit acht, neun Jahren schon nicht überzeugt“, sagt er. „Und dann kam noch meine Frau mit ins Spiel.“ Karin Taffertshofer kommt von einem Bauernhof in Untereglfing. „Bei uns wurde immer ökologisch gehandelt“, sagt die 56-Jährige, die seit 34 Jahren mit Josef Taffertshofer verheiratet ist.

Der lobt seine Frau in höchsten Tönen. „Sie ist die gute Seele im Haus“, sagt er. „Bei ihr läuft viel Organisatorisches zusammen, sie hat ökonomisches Verständnis. Und sie ist ein wichtiges Korrektiv, mein Ansprechpartner.“ Was den Rathauschef beschäftigt, bekommt freilich auch seine Frau zu hören – da wird schon mal über die Ortspolitik gesprochen. „Ich bin gut informiert“, sagt Karin Taffertshofer und lacht. Ihr Mann ergänzt prompt: „Und sie schweigt wie ein Grab.“

Themen gab es in all’ den Jahren zahlreiche zu besprechen. Am Anfang seiner Amtszeit war der Kanal- und Kläranlagenbau die große Herausforderung. Mittlerweile sind die bestimmenden Projekte die Schaffung eines Neubaus – mit Dorfladen, Arztpraxis und Wohnungen –, der Umbau des Gemeindehauses in eine Pilgerherberge und Wildsteigs Beitrag zur Energiewende – ein ganz wichtiger Punkt für Taffertshofer. Und einer, der auch dem Gemeinderat am Herzen liegt. Das Klima im Gremium habe sich in den vergangenen Jahren „total entspannt“. Die Zusammenarbeit mache Spaß. Früher habe es hie und da Probleme gegeben, wenn Gemeinderatsmitglieder „nur ihre eigenen Interessen vertreten haben“. Bereut hat Taffertshofer seinen Weg in die Politik nie, sagt er. „Ab und an musstest du aber schon mal tief durchschnaufen“, verrät seine Frau.

Klar, dass 20 Jahre als Bürgermeister – und im Übrigen mittlerweile 26 Jahre als Kreisrat – nicht ohne Konflikte auskommen. In so langer Zeit kann man es nicht jedem Recht machen. Taffertshofer versucht das auch gar nicht, kontert bei Kritik, teilt auch mal aus. „Ich bin schon kantig, das weiß ich. Und ich frag nicht so gern“, gibt er zu. „Aber ich bin kompromissfähig. Festgefahren bin ich nicht!“ Sagt’s und blickt zu seiner Frau. „Oder?“ Sie nickt, bestätigt: „Das stimmt.“

Konservativ ist Taffertshofer schon. Und gläubig. „Die Botschaft Christi ist wertvoll, um ein friedliches, erfolgreiches Zusammenleben zu garantieren“, sagt er. „Gottvertrauen ist für mich ganz wichtig.“

Die ständige Erreichbarkeit hingegen nicht. Taffertshofer und seine Frau haben – im Gegensatz zu den Kindern – kein Handy. „Wenn ich ein Smartphone hätte, könnte ich kein Bürgermeister sein“, sagt er. So ein Gerät koste zu viel Zeit. Immer erreichbar zu sein, halte von der Arbeit ab. „Mein Leistungspotenzial ist ausgeschöpft. Ich kann keinen zusätzlichen Störer brauchen.“

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